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Die Partnerschaft zwischen den Gemeinden Gilching und Cecina in Italien gibt es zwar schon seit mehr als 30 Jahren, am Wochenende ist es aber zum ersten Austausch zwischen Feuerwehrleuten aus beiden Orten gekommen. Ein Gegenbesuch ist im kommenden Jahr geplant.
Gilching/Geisenbrunn – Wie es ihm in Gilching gefällt? Wie ihn die Kameraden willkommen geheißen haben? „Bellissimo“, antwortet Paolo Nobili und setzt ein strahlendes Lachen auf. „Es ist wunderschön. Und die Gastfreundschaft ist großartig.“ Der 55-Jährige ist Chef der Feuerwehr in Gilchings italienischer Partnergemeinde Cecina – und er führte die siebenköpfige Delegation von Feuerwehrleuten aus der Toskana an, die von Freitag bis Montag in Gilching und Geisenbrunn zu Gast war. Erstmals in der mehr als 30-jährigen Geschichte der Partnerschaft kam es damit zu einem offiziellen Austausch der Feuerwehren beider Gemeinden.
„Das ist eines von vielen Projekten, um die Partnerschaft zu festigen“, sagt Jakob Promoli, der Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Partnerschaft Cecina-Gilching. „Ich freue mich, dass das gelungen ist.“ Entwickelt hat sich der Besuch aus einer Freizeit von 13 Jugendfeuerwehrleuten und ihren Betreuern aus Geisenbrunn im vergangenen Jahr in Cecina. Promoli organisierte, dass die Jugendlichen während ihres Aufenthalts die örtliche Feuerwehr besuchen durften.
Was sich einfach anhört, ist de facto alles andere als das. Italiens Feuerwehr ist nämlich eine staatliche Institution und untersteht dem Innenministerium in Rom. Die Idee, einfach so mal zum Feuerwehrhaus zu gehen, kann folglich an einem nur schwer zu überwindenden Zaun enden. Johann Müller, der Vorsitzende des Gilchinger Feuerwehrvereins, kann ein Lied davon singen. „Ich war privat schon einmal in Cecina“, erzählt er. „Aber die Feuerwehr zu sehen, da hatte ich keine Chance.“
In den Pfingstferien 2022 war das anders. Und während des Besuchs der Geisenbrunner entstand die Idee, die italienischen Kameraden ins Fünfseenland einzuladen, wie Geisenbrunns Feuerwehrvorstand Richard Brosig erklärt. Und so kamen Paolo Nobili und seine sechs Kollegen am Freitag in Deutschland an. Es folgten am Abend die offizielle Begrüßung durchs Gilchings Vizebürgermeister Martin Fink und das gegenseitige Kennenlernen im „Speisewerk“ in Geisenbrunn, ein Austausch in allen möglichen Feuerwehr-Belangen inklusive eines Besuchs der Flughafenfeuerwehr in Oberpfaffenhofen am Samstag sowie ein Ausflug durch den Landkreis samt Besuch des Klosters Andechs am Sonntag, ehe sich die Delegation am gestrigen Montag wieder auf die mehr als 700 Kilometer lange Heimreise machte – mit wahnsinnig vielen Eindrücken im Kopf.
„Wir wussten gar nicht, dass die Feuerwehrleute in Deutschland Freiwillige sind“, sagt Paolo Nobili, dessen offizielle Bezeichnung „Capo Distaccamento“ ist – bloß nicht Kommandant, der sitzt im 40 Kilometer entfernten Livorno. Ebenso überraschend kam die Erklärung, dass die Feuerwehren hierzulande zunächst mit dem Bürgermeister reden, wenn sie neue Geräte brauchen – und nicht einen Antrag in die Hauptstadt schicken müssen.
Etwa 1000 Einsätze wickeln die 33 hauptamtlichen Kräfte aus der Toskana pro Jahr ab. Zum Vergleich: Die Feuerwehr Gilching kommt mit rund 80 Ehrenamtlichen auf 200 Einsätze im Jahr, Geisenbrunn mit 50 Einsatzkräften auf etwa 70 Alarmierungen. Die Rüstwagen der hiesigen Wehren sind besser ausgestattet als die Fahrzeuge in Cecina, dafür verfügen die Kameraden dort sogar über einen Helikopter. Bei allen Unterschieden: „Die Leidenschaft ist das, was uns eint“, sagt Nobili. „Da sind wie Feuerwehrleute weltweit wie eine Familie.“
Eine Einschätzung, die Richard Brosig, Johann Müller und Geisenbrunns Kommandant Stefan Siegl teilen. „Wir sprechen unterschiedliche Sprachen und haben unterschiedliche Organisationsformen, aber die Aufgaben gehen wir mit dem gleichen Idealismus an“, betont Müller, der wie seine Geisenbrunner Kollegen den Austausch mit Cecina weiter fördern will. „Ich sehe dieses Treffen als eine Art Startschuss“, sagt er. Für nächstes Jahr sei bereits geplant, dass eine Gruppe der Gilchinger Jugendfeuerwehr in die Toskana reist.
Quelle: Artikel von Peter Schiebel vom 10.10.2023 im Starnberger Merkur.
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